Auf dem Weg der Liebe zu mehr Klarheit und Leichtigkeit


Erzählungen


Trotzdem lieben können
(ein Prosatext)

Ich stand, vom hellen Licht beinahe geblendet, auf und machte mich sofort auf den Weg. Obwohl ich niemanden neben mir sah, konnte ich doch diese feste Hand auf meiner Schulter spüren. Angenehme Wärme ging von ihr aus und durchflutete meinen Körper.

Leicht war mein Schritt, behutsam zogen meine Gedanken mit meinen Gefühlen. Solange hatte ich mich danach gesehnt, diesen Weg zu finden.
Die Hand auf meiner Schulter ließ mich innehalten, ich drehte mich zögernd um. Sie machte mir Mut und ich hob die gesenkten Lider.

Klar erkannte ich zerberstende Hoffnungen, laut schreiende Verzweiflung, tiefschwarzen Hass und tonlose Gefechte. Ich sah wieder diese leeren, ausdruckslosen Augen stillender Mütter mit toten Kindern in den Armen, die blutenden Hände der zum Morden verdammten Väter und Söhne. Lange stand ich. Die Hand lag geduldig. Sie wartete, gab mir, was ich brauchte. Als die letzten Flammen verglommen waren und das letzte Schluchzen verstummt war und mein Herz den Trost in sich wieder gefunden hatte, drehte ich mich um, Tränen in den Augen.

Die schrecklichen Bilder nahm ich mit und während ich ging, umrankte ich sie mit starken, gelben Blüten meiner Hoffnung. Die lauten, schmerzenden Töne bettete ich in zärtliche Melodien und umhüllte mich mit ihnen. Und irgendwann hatten die Bilder die Farben meiner Liebe und die Klänge meiner Stille. Zwei Arme legten sich beinahe heftig um mich und hielten mich. Ein unheimlicher Friede erfasste mich, ließ mich sanft erbeben.

Ich wusste - und konnte trotzdem lieben.
Nichts würde jemals wieder so werden wie es war.
 


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