Auf dem Weg der Liebe zu mehr Klarheit und Leichtigkeit


Wie „Wenn die Sonne Schatten wirft“ auf die Bühne kam
    und was es dort versucht

aus dem Vorwort der Theaterbroschüre zu Claudia Langs Theaterstück
„Wenn die Sonne Schatten wirft“, uraufgeführt im Dezember 2003

Ein paar Nächte nach dem Heiligen Abend 2002, es war so gegen zwei Uhr Früh, wachte ich auf. „Ich hab’s!“

Zu Bett gegangen war ich mit der Frage: „Was könnten wir wohl nächstes Jahr bei der Weihnachtsfeier machen?“ Wir hatten gerade knapp einen Monat die Vorstellung unseres ersten Buches aus den Schreibwerkstätten hinter uns, die großartige Energie, die durch dieses Projekt entstanden war, floss noch in meinen Adern. „Ich hab’s!“ war also mein Gedanke in dieser frühen Morgenstunde. Ich ging an den PC, gab das Wort „Weihnachtsspiel“ in das Suchfeld der Google-Suchmaschine ein und wartete. Bald kamen eine Reihe Internet-Games, dann ein paar Berichte von verschiedenen Krippen- und Weihnachtsspielen. Das war für mich schon interessanter. Ich war auf der Suche nach einem Krippenspiel, ich wollte mit uns KfL-ern ein Theaterstück einstudieren. Doch - wie schon des Öfteren in den letzten Jahren - fand ich ohne zu suchen! Ich fand die Webseite einer gewissen Frau Claudia Lang (www.claudia-lang.at) - Claudia Lang - Theaterfrau, Autorin, Regisseurin, Schauspielerin, Theaterpädagogin, Organisatorin und künstlerische Leiterin der Geierwally Freilichtbühne in Elbigenalp. Eine Weile versank ich in dieser Seite, begann zu träumen - und schrieb schließlich ein E-Mail an Frau Lang, heute Claudia, welches Gott-sei-Dank nicht mehr vorhanden ist. Es war ein wahrlich pathetisches drei-Uhr-Früh E-Mail, in dem Träume und Visionen sich einen Platz verschafft hatten. Als ich am nächsten Vormittag dieses Mail las, fühlte ich mich etwas schwach: Tippfehler, eine illusionäre Sprache, eine mir nun wahnsinnig scheinende Idee. Ein solches Mail, eine solche Idee, als Obfrau eines ständig um Geld kämpfenden jungen Vereins an eine so professionell arbeitende Theaterfrau heranzutragen! Doch - es kam anders, als meine vormittagsernüchterte Stimmung es vermuten konnte. Claudia ist Theaterfrau aus Leidenschaft, neugierig und vor allem Mensch. Ihr gefiel was sie las, und sie meldete sich. Drei Tage später saßen wir beide im Munding und sie fuhr mit dem „Wahrscheinlich-wird-das-der-Auftrag“, über den Sommer ein Theaterstück für unseren Verein zu schreiben, das einen integrativen Inhalt haben sollte, das die Menschen gleichzeitig berühren, aufrütteln und auch zum Lachen bringen sollte, nach Hause.

Während meine bald chronisch werdende beschwerliche Suche nach Geld mit einem sehr aufschlussreichen und netten Gespräch bei Dr. Schumacher in der Kulturabteilung des Landes Tirol seinen Anfang nahm, bereiteten sich Claudia und fünfzehn Leute aus unserem Verein auf einen zweieinhalbtägigen Theaterworkshop zum gegenseitigen Kennenlernen vor. Im März war es soweit - Claudia ließ uns so wie wir waren - gesunde, kranke, behinderte, fröhliche, traurige… aber vor allem menschliche Menschen - Theaterluft kosten. Und sie schmeckte! Sie schmeckte so gut, dass der Auftrag, nachdem ich das Gefühl bekommen hatte, es auch finanziell zu schaffen, definitiv wurde.

Während bei uns im KfL die Schauspieler begannen, ihre besonderen Fähigkeiten und ihre Unfähigkeiten, ihre möglichen Probezeiten, ihre Erfahrungen als Behinderte mit Gesunden, als Gesunde mit Behinderten und als Behinderte mit ihren Behinderungen zusammenzusammeln und Claudia zu schicken, holte sich Claudia in vielen Interviews mit Therapeuten, Ärzten und Betroffenen Wissen und Empfindungen.

In den Sommermonaten entstand dann langsam die Gestalt von „Max“, dem jungen Lebemann, den ein schwerer Unfall jäh aus seiner Sorglosigkeit reißt. Sein Weg zurück zu Lebensfreude ist ein schwerer Weg, ein Weg, in dem Claudia reale Erfahrungen und Berichte mehrerer Behinderter zu einem erdachten Charakter zusammenbaut. Keine Szene in diesem Theaterstück ist frei erfunden, es sind alles reale Begebenheiten.

Ein Stück ist entstanden, das nicht leicht ist - nicht leicht für die Schauspieler, die in so mancher Szene mit eigenen Schattenseiten konfrontiert werden, nicht leicht für den Zuschauer. Doch Claudia hat es, denke ich, verstanden, immer wieder die großen Kräfte des Menschen zu zeigen, wenn es darum geht, unsere Sehnsucht nach innerem Frieden, nach Freude, nach Hoffnung zu stillen. Max gelingt es ebenso wie Sarah, einer von Geburt an körperlich behinderten Frau, und Helga, die unter Depressionen leidet, wieder Mut und Lebensfreude zu finden. So zeigt dieses Stück in beeindruckender Weise, dass der Mensch sehr Schweres aushalten und ertragen kann, und - auch wenn es manchmal viel Zeit und Geduld braucht - sich Wege aus dem schwärzesten Schatten zurück ins Licht und in die Sonne auftun, von denen man manchmal gar keine Ahnung hat, dass es sie gibt.

Ich hoffe, dass es der Kunst des Schauspiels gelingt, die Menschen zu bewegen - sowohl die Schauspieler als auch die Zuschauer. Wo Bewegung ist, ist auch Veränderung. Das Miteinander in unserer Welt im Kleinen zu verändern und zu verbessern, durch mehr Einblick, mehr Verständnis, mehr Toleranz und Achtung, das wünsche ich mir! Jeder Mensch ist auf der Suche nach seinem Ich, nach seiner Aufgabe, seinem Selbstwert in diesem Leben und sollte darin unterstützt werden. Jeder Mensch sollte aber auf seiner Suche nach seinem Ich, nach seiner Aufgabe und seinem Selbstwert in diesem Leben behutsam sein und die Grenzen des anderen respektieren. Manchmal ist es einfach notwendig, länger zu warten, weiter zu gehen oder mehr zu tragen, um nicht zu brechen oder zu zertreten.


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